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StartStaat & RathausSilberstreif am Verkehrshorizont

Silberstreif am Verkehrshorizont

Klimaschutz? Lärmbelästigung? Berücksichtigung anderer Verkehrsteilnehmer? Alles gute Gründe, um Veränderungen an bestehender Verkehrsinfrastruktur vorzunehmen. Schließlich sollten die Gemeinden es selbst am besten wissen, wie man die Verkehrssituation vor Ort für alle sinnvoll gestaltet. Doch häufig sehen das Verkehrsämter anders und berufen sich auf die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) um diese Pläne abzuweisen.  Doch ist das überhaupt rechtens?

Ob große Stadt oder kleinere Gemeinde ist egal – der Verkehr hat überall zugenommen. Größere Fahrzeuge, unterschiedlichste Verkehrsteilnehmer: Jeder möchte irgendwie mobil sein, ob mit E-Roller, Fahrrad oder SUV. Doch führt diese veränderte Verkehrssituation auch zu Veränderungen vor Ort. Plötzlich ist eine vorher mäßig befahrene Nebenstraße eine Durchgangsstraße, was mehr Lärm, mehr Schmutz und gefährlicheres Überqueren der Straße bedeutet. Eigentlich sollten Kommunen auf solche Veränderungen reagieren können, aber immer wieder hört man, dass die zuständigen Straßenverkehrsämter diese Pläne abweisen.

Dazu berufen sie sich gern auf § 45 StVO, genauer Abs. 9 Satz 1 und 3, wonach für jede Beschränkung des fließenden Verkehrs eine auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse bestehende Gefahrenlage erforderlich ist, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der vorher genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Zusätzlich müssten alle sonstigen Verkehrszeichen und -einrichtungen aufgrund dieser besonderen Umstände zwingend erforderlich sein. Die „Leichtigkeit des Verkehrs“ wird in den Fokus gerückt, ebenso die „Sicherheit im Straßenverkehr“, sodass alle weiteren Gründe einer Veränderung hintenangestellt werden, wenn sie nicht zu diesen beiden Zielen beitragen. Demnach fallen Gründe wie Umweltschutz oder Verbesserung der Situation für Anwohnende häufig den ersten genannten Rechtsgütern „zum Opfer“.

Es besteht Hoffnung

Doch ein Rechtsgutachten, welches die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) vor kurzem in Auftrag gegeben hat, zeigt, dass diese Form der Auslegung nicht mit dem Grundgesetz (GG) konform ist. Demnach ist im Grundgesetz das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden geregelt und umfasst auch die Gestaltung des örtlichen Verkehrs. Denn „nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG müssen Gemeinden das Recht haben, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“, heißt es in dem Gutachten von GEULEN  &  KLINGER Rechtsanwälte.

 Zusätzlich beziehe sich die genannte Gefahrenlage bei wortlaut- und verfassungskonformer Auslegung des § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO auch auf andere zu schützende Güter, die in diesem Paragraphen aufgeführt werden. Demnach gehörten „nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) auch das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden in Gestalt der Planungshoheit“ dazu. Das Rechtsgutachten schlussfolgert daraus, dass zur „Anordnung der Umsetzung eines städtebaulichen Verkehrskonzepts die Gefahr einer Verletzung der Planungshoheit der Gemeinde“ ausreiche.

Der Bundesgeschäftsführer der DUH, Jürgen Resch, freut sich über dieses Ergebnis: „Dieses Rechtsgutachten ist bahnbrechend, denn es zeigt: Kommunen könnten schon heute mehr für die Verkehrswende und für saubere Luft tun.“ Viele Maßnahmen wie Tempo 30 oder Radwege seien damit schon mit der bestehenden StVO möglich. Doch Resch ruft auch zum Handeln auf: Gerade die Rechtsprechung müsse nun dringend korrigiert werden, aber damit sei es nicht getan. „Wir brauchen dringend eine echte Reform des Straßenverkehrsrechts, die eine zukunftsfähige Stadt- und Verkehrsplanung erleichtert und die Mobilitätswende beschleunigt.“

Das vollständige Gutachten finden Sie hier.

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