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Mehr Sanktionen beim Bürgergeldbezug

Der kommunale Spitzenverband fordert Nachbesserungen beim Bürgergeld. Die Balance zwischen existenzsichernder Hilfeleistung und den Interessen der Steuerzahler solle verbessert werden.

Strengere Richtlinien für die Auszahlung von Bürgergeld – so lautet im Kern das Postulat. In dem kürzlich veröffentlichten Positionspapier des Deutschen Landkreistags (DLT) heißt es: Arbeitsanreize für Bürgergeld-Beziehende würden immer weiter reduziert, der Leistungsbezug gewinne dadurch an Attraktivität. „Es muss darum gehen, die Betroffenen so rasch wie möglich aus dem Bürgergeld-Bezug heraus und in Arbeit zu bringen“, erklärte DLT-Präsident Reinhard Sager in einem Presse-Statement. „Dabei spielen die Grundsätze der Eigenverantwortung, des Leistungsprinzips und der Mitwirkungspflichten eine zentrale Rolle.“ Davon sei das Bürgergeld allerdings „ein Stück weit“ abgekommen.

Falsche Anreize durch Karenzzeiten für Wohnen und Vermögen

Die Einführung von Karenzzeiten für Wohnen und Vermögen habe falsche Anreize gesetzt. Aktuell werde „jede noch so hohe Miete“ übernommen, zugleich dürften Betroffene hohes Vermögen behalten – dies führe zu der Einschätzung, dass sich geringvergütete Arbeit nicht lohne. Mitunter erscheine es sogar interessant, „den Arbeitsmarkt vorübergehend zu verlassen und in den Bürgergeldbezug zu wechseln“, kritisieren die Vertreter der Landkreise.

Im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezugs dürfen aktuell Beträge bis zu 40.000 Euro behalten werden, zudem wird im ersten Jahr auf eine Prüfung der Angemessenheit der Miete verzichtet. Neben der Übernahme von Miet- und Heizkosten sind mit dem Bürgergeld verschiedene andere Leistungen verbunden, darunter die Befreiung von Rundfunkbeiträgen, eine kostenlose ÖPNV-Nutzung oder die Freistellung von Kindergartenbeiträgen. „Dieses Leistungspaket konkurriert mit der Aufnahme von Arbeit“, erklärt Sager.

Das Resümee des Landkreistags lautet daher: „Wer ohne wichtigen Grund nicht zur Annahme zumutbarer und existenzsichernder Arbeit bereit ist, sollte keinen Leistungsanspruch haben.“ Bereits wenn jemand nicht zur ersten Gesprächseinladung erscheine, solle das Bürgergeld gekürzt werden, fordert er.

Prinzip des Forderns in den Fokus stellen

Der Berliner Ökonom Prof. Dr. Ronnie Schöb, der an einem vom Wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministeriums (BMF) erstellten Gutachten zum Bürgergeld-System und den Folgen einer Kombination unterschiedlicher Sozialleistungen mitwirkte, teilt die Kritikpunkte des DLT. „Einige Maßnahmen im Bürgergeld-Bezug sind kontraproduktiv und haben dazu geführt, dass die Leute weniger bereit sind, eine Arbeit aufzunehmen“, sagt er im Gespräch mit dem Behörden Spiegel. Das Prinzip des Forderns müsse wieder stärker in den Vordergrund rücken, auch die Frage nach der Bedürftigkeit müsse neu gestellt werden.

2019 entschied das Bundesverfassungsgericht: Sobald eine zumutbare Arbeit abgelehnt wird, besteht offensichtlich keine Bedürftigkeit. Daher gebe es in einem solchen Fall auch keinen Grund, die betreffende Person mit steuerfinanzierten Sozialleistungen zu bezuschussen. „Im Moment ist man zögerlich, dieses Instrument der Sanktionen anzuwenden“, erklärt Schöb. Doch genau das sei nötig, damit Betroffene einen Anreiz hätten, wieder eine Arbeit aufzunehmen. „Wir müssen wieder stärker die Richtung des Vermittlungsvorrangs einschlagen“, fordert der Ökonom.

Im Bundesarbeitsministerium (BMAS) sind die Kritikpunkte des Landkreistags indes kein Grund für Nachbesserungen. Derzeit würden die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen der Bürgergeld-Reform vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wissenschaftlich evaluiert, die Maßnahme soll bis 2026 laufen. „Es gilt, diese Ergebnisse abzuwarten“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Näher kommentieren wolle man das Positionspapier des DLT allerdings nicht.  

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