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Besser Leben retten

Der Rettungsdienst unterliegt einem stetigen Wandel. Medizinische, soziale, einsatztaktische, technische und politische Entwicklungen und Ausdifferenzierungen steigern kontinuierlich die Komplexität der dort stattfindenden Tätigkeiten. Dieser Entwicklung ist die Evolution des Berufsbildes der Rettungssanitäter/-innen über die Rettungsassistent(inn)en bis hin zu den Notfallsanitäter/-innen im Wesentlichen geschuldet. Die damit verbundene Professionalisierung des Berufsbildes und der Tätigkeit findet in der Intention ihrer (Teil-) Akademisierung ihren vorläufigen Höhepunkt.

Die (Teil-)Akademisierung bezieht sich dabei aber nicht nur auf eine andere oder zusätzliche Art der Ausbildung, sondern auch klar auf die Schaffung einer eigenen wissenschaftlichen Fachdisziplin. Hochschulische Ausbildung geschieht dabei nicht im bezugslosen Raum, sondern benötigt eine Wissenschaftsdisziplin, die Inhalte, Methoden, aber auch Theorien und (Meta-) Paradigmen zur Verfügung stellt. Die Rettungswissenschaften stellen diese wissenschaftliche Fachdisziplin für die im Rettungsdienst beruflichen Tätigkeiten dar. Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick über die noch junge Disziplin geben.

Die Wissenschaft des Rettens

Modell der Rettungswissenschaften nach Prescher et al. (2023) (Foto: BS/Deutsche Gesellschaft für Rettungswissenschaften e. V.)

Aktuell wird diese Disziplin sowohl als Rettungswissenschaft (Singular) wie auch als Rettungswissenschaften (Plural) bezeichnet. Die Unterschiede darin sind eher theoretischer Natur, gemeint ist in beiden Fällen die Wissenschaft, die als Hauptgegenstand die Phänomene „Rettung“ und „Notfallversorgung“ beinhaltet. Abbildung 1 zeigt die Forschungsfelder sowie die forschungsleitenden Paradigmen der Rettungswissenschaften. Im Zentrum stehen die o. g. Phänomene, die die zentrale Tätigkeit der im Rettungsdienst Beschäftigten darstellt. Von diesem Zentrum gehen wie Blütenblätter die Themenfelder „Bildung“, „System und Organisation“, „Management und Führung“ sowie „Versorgungsforschung“ ab. Diese Forschungsfelder zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Inhalte sehr nah am Zentrum und damit am Kern der Rettungswissenschaften, aber auch ganz außerhalb des eigentlichen Modells liegen können. Dadurch wird das Modell der Tatsache gerecht, dass es selbstverständlich beispielsweise Bildungsforschung ohne unmittelbaren Bezug zum Rettungsdienst gibt. Quer zu diesen laufen die Forschungsfelder „Professionalisierung“ und „Wissenschaftstheorie“, welche Einfluss auf alle anderen Forschungsfelder haben. Weiterhin stellt das Modell die Paradigmen der Handlungs-, Anwendungs-, Reflexions- und Berufsfeldorientierung dar.

Die Rettungswissenschaften begreifen sich damit als Wissenschaft, welche Elemente aus verschiedenen Bezugswissenschaften durch den Bezug auf „Retten und Notfallversorgung“ vereint. Weiterhin ist sie als ganzheitliche Disziplin für die Tätigkeit im Rettungsdienst zu sehen und nicht allein fokussiert auf medizinische Aspekte.

Keine Verkürzung der Debatte

Die Diskussion um die (Teil-)Akademisierung des Rettungsdienstpersonals allein auf die medizinisch-fachlichen Kompetenzen oder gar nur auf das Durchführen von (weiteren) invasiven Maßnahmen zu reduzieren, wird daher weder der Disziplin noch der komplexen Tätigkeit gerecht. Beispielsweise beinhaltet der erste rettungswissenschaftliche Studiengang mit Fokus auf der Versorgung von Patientinnen und Patienten auch Inhalte wie Clinical Reasoning, evidenzbasierte Praxis, Forschungsmethoden oder Public Health und bietet damit gute Voraussetzungen, um sich selbständig und eigenverantwortlich allen Aspekten der rettungsdienstlichen Versorgung von Patienten widmen zu können. Die noch jungen Rettungswissenschaften bilden das inhaltliche, methodische und theoretische Fundament der (Teil-)Akademisierung des Rettungsdienstfachpersonals. Sie verstehen sich als umfassenden und ganzheitlichen Ansatz und inkludieren die Inhalte relevanter Bezugswissenschaften. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass die Rettungswissenschaften sich selbst weiterentwickeln und zunehmend stabiler und fundierter in der Generierung von Erkenntnis und Wissen werden.


Weitere Informationen oder Quellenangaben können beim Verfasser erfragt werden: t.hofmann@hsdoepfer.de

Der Autor des Gastbeitrags ist Thomas Hofmann, Notfallsanitäter und Rettungswissenschaftler. Er leitet den Studiengang Rettungswissenschaften an der HSD Hochschule Döpfer und ist Teil des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Rettungswissenschaften e. V.

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